Bestandsaufnahme zu Haftbefehl & Xatar: Was uns erwarten könnte

Seit über einer Woche lassen Xatar und Haftbefehl die Szene munter spekulieren, wie es jetzt weitergehen soll. Nach ihrer Flucht aus der TV-Show Studio Amani am 2. Mai haben die Chefs von AON und Azzlackz bislang nichts mehr von sich hören lassen. Die Social-Media-Kanäle bleiben tot.

Für euch ist die Angelegenheit ganz klar: Über 50% haben in unserer Umfrage angegeben, dass sie ein Kollabo-Projekt erwarten. Außerdem macht Brate Azzlack Andeutungen, die auch ins Bild passen. Das Interview zum Mixtape Unzensiert beendete Haftbefehls Manager Erfan Bolourchi übrigens so:

Ich glaube, mit dem, was jetzt kommt, wird KEINER rechnen. Und es wird definitiv kommen.

Obwohl noch nichts wirklich fix ist, wollen alle, dass es jetzt langsam mal Neuigkeiten gibt. Es stellen sich eigentlich nur die Fragen: Wann? Und wie genau? Wir haben auf Grundlage der letzten Releases der beiden Rapper prognostiziert, was uns auf dem vermeintlichen Kollabo-Album erwarten KÖNNTE.

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Beide sind Straßenrapper, wie sie im Buche stehen. Weiß man. Ohne irgendetwas glorifizieren zu wollen, kann man sagen, dass Xatar hierzulande einer der wenigen Sprechgesangsartisten ist, die sich legitimerweise als "Gangster-Rapper" bezeichnen dürfen. Haft blickt auch nicht gerade auf eine rosige Vergangenheit zurück.

Mittlerweile sind beide dick im Business. Der Eine mit Major-Deal und eigenem Label, der Andere ebenfalls mit Label und einem Nummer-1-Album nach jahrelanger Freiheitsstrafe. Warum sollte man für die Kollabo groß etwas ändern?

Vielleicht hat man sich für die Promophase, in der wir uns offenbar schon befinden, etwas Besonderes ausgedacht. Was sollte das mit dem "Stress" bei Enissa Amani? Wieso sind die beiden verschwunden? Zwei von dem Kaliber ziehen solche Aktionen nicht unüberlegt durch. Erwartet uns vielleicht eine Konzept-Album?

Babo und Bira auf der Flucht vor Interpol – sowas in der Richtung. Die Deutschrap-Paten vereint. Komm-ihnen-in-die-Quere-und-sie-radieren-dich-aus-mäßig. Nach vielen Texten, die den Hustle auf den Straßen representen wäre ein Kollabo-Album (gerade bei den beiden!) eine gute Möglichkeit, verächtlich von oben auf Konkurrenten und Hater hinabzuschauen und den eigenen Ruhm und Reichtum anzupreisen. Dem würde eine leichte RnB- oder Soul-Note ganz gut zu Gesicht stehen.

Jetzt besprechen wir noch, wer auf der Platte für welchen Sound sorgen könnte...

Produzenten & Sound

Es ist nur schwer vorstellbar, dass ein neues Projekt von Baba Haft ohne Musik von Bazzazian auskommen wird. Russisch Roulette und Unzensiert sind nicht zuletzt dank seiner Beteiligung zu den Platten geworden, die immer noch rauf- und runterpumpen kann. Der Produzent hat gerade kräftig an Samys neuer Platte Berühmte letzte Worte mitgewerkelt und ist gemeinsam mit Farhot für den Sound auf Karate Andis Selfmade-Debüt Turbo (erscheint diesen Freitag) verantwortlich ist. Wenn Babo und Bira vor der Tür stehen, wird er sie aber wohl kaum ohne frische Ware wieder nach Hause schicken.

Wahrscheinlicher ist allerdings eine noch engere Zusammenarbeit, wie man es von den letzten Haftbefehl-Releases gewohnt ist. Da wird nicht einfach ein Beat produziert, ein Text eingerappt und anschließend beides zusammengekleistert. Hier macht eine weitere Aussage von Erfan Bolourchi aus dem Interview im Dezember Laune auf das vermutlich bevorstehende Kollabo-Projekt:

Ben [Bazzazian, Anm. d. Red.] sitzt nach den Aufnahmen noch wochenlang an den Vocals, verändert immer wieder den Beat und macht neue Remixes. So entwickeln sich die Songs. Aykut gibt ihm die Plattform und Ben geht dann damit los und macht das Ding fertig. Der Unterschied zu den ersten Aufnahmen ist oft enorm.

Als Executive Producer würde Bazzazian sicher noch die letzten Prozente aus zwei der ganz großen Straßenrap-Vertreter Deutschlands herausholen. Um es mal so objektiv wie möglich zu formulieren: Was der Mann anfasst, wird akustisches Gold.

Während Rap-Kings kacken in Hose, bringt Xatar bekanntermaßen Sound in Quali von Bose. Das ist beim AON-Oberhaupt nicht einfach so dahergesagt. Alle Releases des Labels zeichnet in den letzten Jahren ein detailverliebter Sound aus, bei welchem dem Bira besonders eine Komponente wichtig ist: "Vibe. Nichts anderes. Vibe!"

Aus dem AON-Umfeld könnten sich neben Xatar selbst Reaf, Choukri, die Enginearz, vielleicht noch The Breed oder Maestro beteiligen. Besonders Reaf war zuletzt maßgeblich für den Sound des Labels mitverantwortlich. An 12 der 15 Songs auf Baba Aller Babas war er beteiligt. SSIOs 0,9 geht komplett auf seine Kappe.

Da muss man sich bei einer AON-Azzlackz-Zusammenarbeit keine Sorgen machen. Genug Auswahl IZ DA. Wer jetzt genau in welchem Ausmaß mitmischt, kann man mit Spannung erwarten.

Daran, dass man weitgehend auf bitterbösen Sound mit kriminellem Straßenflair setzen wird, sollte es auch keine Zweifel geben. Hier ist interessant, ob die beiden sich einander annähern, in eine spezielle Richtung tendieren oder eine klanglich eher heterogene Platte abliefern werden.

Während Xatar seine Inspiration oft in RnB, Soul und ganz offensichtlich im G-Funk findet, wurde bei Hafts letzten Releases oft auf Trap-Anleihen und aggressiv-elektronische Elemente gesetzt. Chapeau, wenn man einen Kompromiss dazwischen findet! In einem Interview mit Bazzazian und Erfan Bolourchi nach Andeutungen zu suchen, wäre schon eine ziemlich verrückte Idee, oder? Über Unzensiert und das nächste Projekt sagte der Produzent uns im Dezember:

Das ist der Sound, der entsteht, wenn ich für Haftbefehl – mit seiner Stimme im Hinterkopf – produziere. Er lässt mir alle Freiheiten und vertraut mir. [...] Wir machen jetzt wieder GANZ andere Sachen.

Und was für ein Sound würde mit Haft und Xatar im Hinterkopf herauskommen? In unserer Redaktion reichen die Einschätzungen von "sehr brutal und gleichzeitig so'n bisschen soulig" bis hin zu "nur Auf-die-Fresse-Dinger".

Und was ist eigentlich mit Features? Alles geht, nichts muss...

Features & Fazit

Die Feature-Situation steht irgendwie bezeichnend für die Position, in der die beiden sich befinden: Sie können absolut aus dem Vollen schöpfen.

Logisch wären natürlich die eigenen Signings. Allein diese Liste liest sich schon ganz gut: Capo, Milonair, SSIO, Schwesta Ewa, Plusmacher, Kalim, Hanybal, Celo & Abdi und ihre Künstler Nimo sowie Olexesh. Die Kontakte der gut vernetzten Rapper haben aber auch schon Songs mit Teesy, Cro, Max Herre, Joy Denalane, den 187-Jungs, Kaaris, Miss Platnum, K.I.Z., Sido, Marteria und vielen mehr hervorgebracht.

Sollte es wirklich eine soulig angehauchte Platten mit Paten-Flavour werden, könnten durchaus kuriose Features am Start sein. Für jede mögliche Ausrichtung würde man wohl jemanden finden, der passt und Bock hat.

Nichts muss, alles geht. Die Strukturen sind vorhanden und gut geölt. Die Produzenten stehen bereit. Bei Feature-Gästen ist fast alles denkbar. Mit anderen Worten: Man darf vollkommen zu Recht gespannt sein, was da auf uns zukommt. Die Erwartungen sind hoch. Irgendwie glaube ich nicht daran, enttäuscht zu werden.

Diese kleine Playlist gibt dir schon mal einen Vorgeschmack auf das, was bald kommen könnte:

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